Overcoming Time Artist-led Field Trip and Community Pit-Firing with Csilla Nagy & Rita Süveges
Csilla Nagy & Rita Süveges
13.07.24 – 13.07.24
Boda Information Park, Boda, Hungary
Im Rahmen des zweijährigen künstlerisch-kuratorischen Forschungsprojekts SALZ. TON. GRANIT. laden die Künstlerinnen Csilla Nagy und Rita Süveges zu einem Einblick in ihren künstlerischen Forschungsprozess nach Boda ein. Das kleine Dorf im Südwesten Ungarns wird aufgrund seiner Lage auf einer Tonsteinformation als mögliches Endlager für den hochradioaktiven Müll des Landes untersucht. Eine partizipativ-performative Versammlung an einer der Testbohrstellen regt dazu an, Fragen von Zeitlichkeit und Verantwortung zu verhandeln und darüber nachzudenken, wie Entscheidungen, die sich auf mehrere Generationen auswirken, von der Dorfgemeinschaft getroffen werden.
Dafür initiiert das Künstlerinnenduo ein gemeinschaftliches Brennen von Keramik in einer Brenngrube im Freien – eine altertümliche Technik des Tonbrennens. Sie entwerfen Formen und Objekte, die von dem interdisziplinären Forschungsfeld der „Atomsemiotik“ inspiriert werden, das sich u.a. mit der Frage befasst, wie wir mit künftigen Generationen menschlicher und nicht-menschlicher Lebewesen über den Standort und die Gefahren eines Atommülllagers kommunizieren können. Wie sehen die Warnungen aus? Welche Sprachen und Symbole werden hier genutzt? Ist Tonstein das richtige Material, um den hochradioaktiven Müll zu lagern, und ist gebrannter Ton als Kommunikationsmittel geeignet, diese Warnungen mitzuteilen? Denn letztlich sind Keramiken oft die einzigen dauerhaften Spuren von vergangenen Zivilisationen, anhand derer Archäolog_innen versuchen, zu verstehen, wie Menschen einst gelebt und gearbeitet haben.
Die Künstlerinnen sehen den Grubenbrand als Möglichkeit, die sonst unsichtbare Infrastruktur der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle und die Auseinandersetzung mit der „Tiefenzeit” sichtbar und durch diese Verwandlung von Materialien auch erfahrbar zu machen. Darüber hinaus verweist das Brennen auf eine der Gefahren des hochradioaktiven Mülls, der viel Hitze generiert und aufgrund seiner toxischen Radioaktivität in tiefen, minierten geologischen Lagerstätten verschlossen werden muss.
Zu der von den Künstlerinnen geleiteten Brenngrube werden mehrere Gäste eingeladen – ein ehemaliger Uranbergarbeiter aus der Region; der Bürgermeister von Boda, der maßgeblich an den Entscheidungen zu den Probebohrungen und den Plänen über das künftige Endlager beteiligt ist; eine Aktivistin aus Pécs, die auf die Risiken der dort geplanten Atommülllagerstätte aufmerksam machen möchte; und ein Geologe, der für das Forschungsinstitut arbeitet, das die langfristige Sicherheit des in Boda geplanten Endlagers untersucht. Die Gäste sind eingeladen, ihre Sichtweisen auf Fragen von Zeitlichkeit und Verantwortung darzulegen und danach an einem gemeinsamen, offenen Gespräch mit den Künstlerinnen und den Anwesenden teilzunehmen.

