SALZ. TON. GRANIT.
Über nukleare Vergangenheiten
und strahlende Zukünfte
Logo: SALT.CLAY.ROCK.
Künstlerische Forschung
und Ausstellung

Ana Alenso

Installationsansicht SALT. CLAY. ROCK © Lucie Marsmann

Pech und Blende

2 Bohrhämmer + Bohrstützen, Schläuche und Bohrstahl, Patronenhülsen, 0.50-BMGGeschosse, 3 Fotografien (gerahmt, 60 x 80 cm), Datenblätter Bohrhammer, 2024

In ihrer künstlerischen Arbeit befasst sich Ana Alenso u.a. mit der globalen Abhängigkeit von Ressourcen und der ökologischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ausbeutung, die damit einhergeht. Dabei stellen Minen und Bergbau und damit zusammenhängende Fragen einen inhaltlichen Schwerpunkt der Künstlerin. Im Rahmen von SALZ. TON. GRANIT. erweiterte sie ihre Recherche zum Uranabbau und der vom Bergbau geprägten Folgelandschaft im Erzgebirge und recherchierte vornehmlich in Johanngeorgenstadt und Schlema - zwei Orten mit einer Schlüsselrolle in der Geschichte des Uranbergbaus in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Die Auswirkungen und Folgen dieser für die DDR wichtigen Industrie werden bis heute diskutiert und aufgearbeitet und voraussichtlich auch zukünftig nicht abschließend zu klären sein. Bis heute prägen die sozialen und gesundheitlichen, aber vor allem auch die ökologischen Auswirkungen des Uranbergbaus das Zusammenleben in der Region. Seit dem Ende des Abbaus saniert die Wismut GmbH - das Folgeunternehmen der gleichnamigen Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) - die Uranbergbauhinterlassenschaften mit unabsehbarem Ende.

Die Bohrhämmer, die Ana Alenso in ihrer Installation wie militärische Gegner_innen aufeinandertreffen lässt, waren im untertägigen Uranerzbergbau im erzgebirgischen Aue und Bad Schlema im Einsatz. Die von der Wismut GmbH geliehenen Geräte wurden sorgfältig gesäubert und strahlenschutztechnisch beurteilt. Dennoch ist noch heute eine radioaktive, wenn auch für die Ausstellungsbesucher_innen unbedenkliche Restkontamination z.B. im Inneren der Geräte, nicht ausgeschlossen. Die Bohrhämmer versinnbildlichen jedoch nicht nur die Auswirkungen, die die Arbeit unter Tage auf den menschlichen Körper hat - neben der radioaktiven Strahlung des Urans sind Bergleute Schadstoffbelastungen, Radonexposition, Emissionen aus dem Gestein und Staub ausgesetzt -, sie sind auch ein Zeichen für die Gewalt, die im menschlichen Handeln gegenüber der Natur verankert ist. Und stehen symbolisch für die Gewalt, die Uran durch sein radioaktives Potential entfesseln kann.

Bedingt durch die hohen Uranvorkommen im Erzgebirge wurde die SDAG Wismut schnell zum größten Produzenten von Uran im sowjetischen Atomprogramm und nahm eine Schlüsselrolle im atomaren Wettrüsten des Kalten Krieges ein. Weiter war das Unternehmen Wismut wie ein Militärbetrieb oder ein “Staat im Staat” organisiert und ermöglichte durch diesen Sonderstatus den Aufstieg der UdSSR zur nuklearen Supermacht. Die Rolle von Uran in globalen Konflikten gehört jedoch nicht der Vergangenheit an. Neben Angriffen auf nukleare Infrastruktur sollen im Russisch-Ukrainischen-Krieg Berichten zufolge Waffen mit Uranmunition von beiden Kriegsparteien eingesetzt worden sein. Der Einsatz dieser Waffen kann weitreichende und langfristige Folgen für die Zivilbevölkerung haben und erschwert den Wiederaufbau betroffener Gebiete, denn die Auswirkungen des Urans sind schwer zu beheben.

Die Schläuche der Bohrhämmer, die Teil des Pressluft- und Kühlsystems sind, sind in der Form eines Unendlichkeitszeichens angeordnet und bilden einen geschlossenen Kreislauf. Verdeutlicht wird so die zeitliche Dimension des Urans, die Vergangenheit prägt und gleichzeitig eine nicht zu überblickende und außerhalb der menschlichen Vorstellungskraft liegende Zukunft zeigt. Der Kreislauf verdeutlicht auch, wie unterirdische Minen aufgrund ihrer sozialen und ökologischen Auswirkungen global miteinander verbunden sind. Nicht nur sind sie oftmals Glieder eines globalen Lieferkettensystems sondern auch Sinnbilder für den unersättlichen Expansionsdrang und die überbordende Extraktion, die überall auf der Welt stattfindet.

Installationsansicht SALT. CLAY. ROCK © Lucie Marsmann
Installationsansicht SALT. CLAY. ROCK © Lucie Marsmann

ANA ALENSO beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Praxis mit den historischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen die Extraktivismus, globale Ressourcenpolitiken und der Handel mit Edelmetallen und fossilen Brennstoffen haben. Ihre Installationen sind oft temporäre und in sich geschlossene Assemblagen, die aus Skulpturen, Fotografien, Audio-Elementen und Video bestehen. Ihren poetisch-industriellen und dennoch düster-dystopischen Arbeiten gehen für gewöhnlich umfangreiche Recherchen und Feldstudien voraus. Sie nahm an Künstler*innen-Residencies am Goethe Institut Chile, der Villa Sträuli in der Schweiz und Urbane Künste Ruhr in Dortmund teil. Zu ihren aktuellen Ausstellungen gehören u.a. die Teilnahmen an Geneva Biennale: Sculpture Garden in der Schweiz; Street Fight im Museum of Modern Art in Warschau (Polen); Oil, Beauty and Horror in the Petrol Age im Kunstmuseum Wolfsburg; The Garden Bridge im Brücke Museum, El Museo de la democracia in der nGbK und Terrestrial Assemblage in der Floating University in Berlin. Sie hat einen MFA im Bereich Kunst im Kontext von der Universität der Künste Berlin (2015), einen MFA in Media Art & Design von der Bauhaus-Universität Weimar (2012) und einen BA von der Armando Reverón Arts University in Venezuela (2004).

https://anaalenso.com/