Research Site: ERZGEBIRGE (THE ORE MOUNTAINS)
13.10.25
Die traditionelle Bergbauregion Erzgebirge in Sachsen blickt auf eine über 800-jährige Bergbautradition zurück und ist seit jeher Zentrum des deutschen Uranbergbaus. Entdeckt wurde Uran im 16. Jahrhundert als Nebenprodukt des Abbaus von Silber und Zinn. Damals nannte man das schwarze, schwere und bis dahin unbrauchbare Mineral „Pechblende”. Erst im Laufe des 20. Jahrhunderts erlangte der Rohstoff mit der Entdeckung der Kernspaltung und damit seines Potenzials als lukrativer Primärenergieträger seine herausragende wirtschaftliche und strategische Bedeutung. Im Zuge des Wettrüstens während des Kalten Krieges wurde das Unternehmen Wismut 1946 als Sowjetische Aktiengesellschaft in Sachsen und Thüringen gegründet, um Uran für die sowjetische Atombombe der späten 1940er Jahre zu liefern. Durch die rasche Ausweitung des Uranbergbaus und die überstürzte Ansiedlung von Arbeiter_innen verschwanden Dörfer und Wälder, riesige Halden wurden ausgehoben und die Landschaft unwiederbringlich vergiftet und verseucht.
Der Uranabbau erfolgte bei strengster Geheimhaltung, Bewachung unter sowjetischer Leitung, und nach 1953 als Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Sowjetunion. Die DDR war weltweit der viertgrößte Uranproduzent. Über 200.000 Tonnen des radioaktiven Rohstoffs wurden unter dem Tarnnamen „Wismut” 44 Jahre lang an die sowjetische Atomindustrie geliefert. Damit wurde die Wismut zum größten sowjetischen Unternehmen im Ausland. Mit dem dort geförderten Uran wurden 60 Prozent des Atomprogramms der UdSSR gedeckt und damit der entscheidende Brennstoff für den Kalten Krieg geliefert.
Der Abbau, die Aufbereitung und die Wiederaufbereitung von Uran durch die SDAG Wismut erfolgten an verschiedenen Standorten auf einer Fläche von 40 Quadratkilometern zwischen Ostthüringen und Westsachsen. Zu den wichtigsten zählt das Revier Johanngeorgenstadt, wo alte Schächte aus dem historischen Erzbergbau genutzt wurden. Schlema war der erste Standort (1946-1990), weitere Standorte kamen in Aue und Schneeberg und im Raum Dresden mit Königstein und Freital sowie drei Bergbaubetriebe im Raum Ronneburg und ein Tagebau in Lichtenberg hinzu. Wichtige Uranaufbereitungsanlagen befanden sich in Seelingstädt (bei Gera), eine weitere in Königstein sowie in Crossen (bei Zwickau).
Nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl im April 1986 bildete sich eine DDR-weite Umweltbewegung, in der Aktivistinnen Informationen über den Wismut-Bergbau sammelten und veröffentlichten. Mit dem Fall der Berliner Mauer wurde der Uranbergbau der Wismut AG eingestellt. Die Wismut AG wurde in eine bundeseigene GmbH umgewandelt mit der Aufgabe, die verbliebenen Anlagen stillzulegen und die Region über und unter Tage zu sanieren, einschließlich der geschätzten 500 Millionen Tonnen radioaktiver Abfälle, die beim Abbau entstanden sind. 1500 km 2 Boden stehen heute im Verdacht, mit Radioaktivität und Schwermetallen verseucht zu sein, und Umweltaktivistinnen gehen von einer Umweltkatastrophe ungewissen Ausmaßes mit einer hohen Zahl von Lungenkrebsopfern aufgrund der radioaktiven Strahlenbelastung im fünfstelligen Bereich aus.