SALZ. TON. GRANIT.
Über nukleare Vergangenheiten
und strahlende Zukünfte
Logo: SALT.CLAY.ROCK.
Künstlerische Forschung
und Ausstellung

Dominika Trapp

Installationsansicht SALT. CLAY. ROCK © Lucie Marsmann

Nobody dreams of Nuclear Power Plants

6 Gemälde (je 60 x 80 cm), handgeschöpftes Papier, Aquarellstifte, gepresste Pflanzen, 2024

Dominika Trapps Arbeit taucht tief ein in die intime Beziehung zwischen dem Atomkraftwerk im ungarischen Paks (Paks Nuclear Power Plant (NPP)) und den dortigen Angestellten. Die Künstlerin hat tiefgehende Interviews mit Beschäftigten des Atomkraftwerkes geführt, ihre Interviewpartnerinnen arbeiten dort in unterschiedlichen Positionen, vom Reinigungspersonal und Auszubildenden der lokalen Technischen Schule bis hin zu den Ingenierinnen. Anhand dieser Interviews untersucht Trapp die individuellen Interpretationen der physischen Erfahrungen, die diese Personen mit dem Innenleben des Reaktors haben. Ihre Recherche konzentriert sich darauf, wie subjektiv die Vorstellung von Kernkraftwerken und nukleare Energie ist - sowohl in Bezug auf die Technologie selbst als auch auf den täglichen Umgang mit ihr.

Diese persönlichen Gespräche zeigen das NPP als anthropomorphes technisches Gebilde, dessen Allgegenwärtigkeit, technologische Komplexität und weitreichende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen auf die Stadt und das Leben der Menschen im Laufe der Jahre normalisiert wurden und sogar als natürlich angesehen werden. Viele Angestellte haben Schwierigkeiten damit, ihr körperliches Verhältnis zu und ihre Gefühle gegenüber dem Kernkraftwerk zu artikulieren, fast als befänden sie sich  im Schatten dieser rätselhaften und oft einschüchternden Technologie. Gleichzeitig vermitteln ihre Beschreibungen des Kernkraftwerks selbst eine lebendige und atmende Kraft. Die Motive, die sie in den Beschreibungen nutzen, sind oft sentimental, fast übersinnlich und sogar familiär. Das NNP wird mit Begriffen wie Zugehörigkeit und Identifikation umrahmt, die Beschreibungen eher der Dynamik einer patriarchal geprägten Familie als denen eines typischen Arbeitsplatzes.

Wie unterschiedlich verschiedene Generationen das Kernkraftwerk wahrnehmen, ist ebenfalls ein zentrales Thema in Dominika Trapps Arbeit und spiegelt wieder, wie sich das Verhältnis zwischen Mensch und Technologie über die Zeit verändert. Ingenieur_innen, die kurz nach der Eröffnung des Kernkraftwerkes xxxx[1] [2] [3] [4]  dort angefangen haben, beschreiben es mit nüchterner Präzision und vergleichen das Kernkraftwerk mit einem technischen Körper, der durch eine anatomische Linse seziert wird. Im Gegensatz dazu haben jüngere Angestellte oftmals einen post-digitalen Blick auf das Kraftwerk, der von Science-Fiction und Videospielen wie Minecraft geprägt ist. Diese Gegensätze verdeutlichen, wie unterschiedliche Denkweisen die individuelle Beziehungen zu technischen und industriell geprägten Umfeldern prägen.

In ihren filigranen und intuitiven Gemälden versucht Dominika Trapp, die beschriebenen und äußerst komplexen Assoziationen einzufangen und ein vielseitiges Bild des Kernkraftwerks zu zeichnen. Dafür arbeitet sie auf handgeschöpftem Papier mit gepressten Pflanzen, die sie rund um einen Fischteich in unmittelbarer Nähe zum NPP gesammelt hat. Dieser idyllische Ort dient zudem auch als Hintergrund für Naturfotos, die im Besucher_innen- und  Informationszentrum des Kernkraftwerkes ausgestellt und in Form von Kalendern und Postkarten vermarktet werden. Die Bemühungen, nukleare Energie und ihre Infrastrukturen als “grün” darzustellen und ihr ein naturschützendes Potential zuzuschreiben um ihr Image zu verbessern wird in Dominik Trapps Malereien subtil kritisiert indem diese selbst auf dem Papier naturalisiert und quasi einem “Greenwashing” unterzogen werden.

Besonderer Dank: Antal Kovács, Andrásné Kovács, Miklós Takács, Róbert Doroghi,  Dr. Katalin Gerákné Krasz, István Bartos, Zoltán Csanádi, Márk Rédl, András Farkas, Erika Schneider, Péter Nagy

Installationsansicht SALT. CLAY. ROCK © Lucie Marsmann

DOMINIKA TRAPP (Budapest) schloss 2012 ihr Studium der Malerei an der Ungarischen Universität der Schönen Künste ab. Ihre Praxis zeichnet sich durch ein zweigleisiges Interesse aus: einerseits durch eine sensible malerische Herangehensweise, die Intuition und Introspektion ermöglicht, andererseits durch eine nach außen gerichtete Sensibilität, die Dialoge zwischen Gemeinschaften im Dienste der kollektiven Selbsterkenntnis ermöglicht. In jüngster Zeit hat sie an den Residenzprogrammen von Art in General in New York, der Ersten Stiftung in Wien und FUTURA in Prag teilgenommen. Im Jahr 2020 wurde ihre Einzelausstellung in der Galerie Trafó in Budapest und in den Karlin Studios in Prag gezeigt. Im Jahr 2021 nahm sie an der 14. Baltischen Biennale in Vilnius, 2022 an der Manifesta 14 in Prishtina und 2023 an der EVA International - Ireland's Biennial in Limerick teil. Derzeit ist sie Stipendiatin für Multimedia-Kunst an der Doktorandenschule der Moholy-Nagy-Universität für Kunst und Design.

https://trappdominika.hu/