Bilanzierungsfragen: Wird die „freie Kultur“ durch Klimabilanzierung benachteiligt?
Den CO2-Fußabdruck einer Institution zu berechnen, stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg dahin dar, eine klimaneutrale Kunst-Institution zu werden. Der Fußabdruck wird auch als Greenhouse Gas Inventory (GHG Inventory) oder „house balance“ bezeichnet. Wir haben schlussendlich letzteren Begriff verwendet. Bei der „house balance“ geht es darum zu berechnen, wie viel Treibhausgase in CO2-Äquivalenten (CO2e) die Institution generiert, also im Fall von SALZ. TON. GRANIT. die nGbK. Wie jedes andere Museum oder jede andere Galerie muss die nGbK berechnen, wie viel CO2 und andere Treibhausgase im normalen Betrieb der Institution freigesetzt werden. Heizung, Licht und laufende Computer setzen Treibhausgase frei. Formal gesehen sind Energieverbrauch, Mobilität, verwendete Materialien und Müll Teil des Treibhausgas-Protokolls der EU, das Methoden für die Treibhausgas-Bilanzierung bereitstellt.
Anfangs haben sich sowohl das kuratorische Kollektiv als auch die Geschäftsführung der nGbK darüber gewundert, dass wir auch die Anreise der Besucherinnen zur Galerie bilanzieren mussten. Wir wussten, dass Mobilität stark zu den Treibhausgas-Emissionen beiträgt, aber es gab einen speziellen Grund für unsere Überraschung: Die nGbK erhebt keine Eintrittsgebühr und verdient damit nicht direkt an den Besucherinnen. Die nGbK wurde 1969 von der Stadt Berlin als ein basisdemokratischer Verein gegründet, der sich dem Thema von sozialen Machtstrukturen widmet. Die nGbK kann als Teil der Freie-Kultur-Bewegung und als „Dritter Ort“ betrachtet werden, ein Begriff, der sich auf eine offene Graswurzel-Kultur bezieht, die von demokratischen und sozialen Idealen geprägt wird.
Ausgehend von diesem Selbstverständnis und im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen, die vom Fonds Zero gefördert werden, erhebt die nGbK kein Eintrittsgeld. Wir hatten den Eindruck, dass die nGbk und ähnliche Organisationen mit ihrer kleinen Größe unabsichtlich wegen ihres idealistischen Kulturansatzes benachteiligt werden. Unsere Institution, die kürzlich vom beliebten Kotti-Kiez in Kreuzberg in die Räume eines ehemaligen McDonalds direkt gegenüber des Verkehrsknotenpunkts Alexanderplatz umgezogen ist, hat offene Türen. Jede_r kann jederzeit hineinlaufen und würde dann als Besucher_in gezählt werden, auch wenn die Leute nur die schönen, neuen Toiletten nutzen möchten.
Wie sollten wir jeden Besucherin bilanzieren, derdie zu uns kommt? Wenn eine Person von außerhalb in die Stadt kommt und unsere Galerie besucht, müssten wir ihre gesamte Reise bilanzieren. Für die Klimabilanz wäre es am besten, wenn sie zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommen würde. Institutionen, die Eintritt erheben, haben die Chance, ihre Besucherinnen durch Angebote im digitalen und telefonischen Kartenverkauf zur klimafreundlichen Anreise zu motivieren. Ohne Kartenverkauf hatten wir diese Möglichkeit nicht. Es gibt Unternehmen, die großen Institutionen dabei helfen, sich mit dem CO2-Fußabdruck ihrer zahlenden Kund_innen zu befassen; wir allerdings fühlten uns aufgrund unserer nachhaltigen und demokratischen Ideale außen vor gelassen.
Als wir und die anderen paar Organisationen ohne Eintrittsgebühr das Problem der KSB erläuterten, antworteten sie, dass wir den Fußabdruck unserer Besucherinnen mit einer Bilanzierungsmethode erfassen sollten, die unser Verständnis von Kultur berücksichtigen würde. Dies beinhaltet Fragebögen zur Besucherinnenbefragung, um Informationen zu erhalten, die in eine präzisere Berechnung von CO2-Emissionen übersetzt werden können.