Diskussion: Werden unsere kuratorischen und szenografischen Entscheidungen von unserem Gebot der Klimaneutralität beeinflusst?
Wir hatten bereits das Konzept, die Formate und die künstlerischen Kooperationen für SALZ. TON. GRANIT. entwickelt und einen Teil der Förderung sichergestellt, bevor wir vom Fonds Zero erfahren haben. Die Frage, welche Verbindungen zwischen klimaneutraler Organisation und dem Thema Nuklearenergie bestehen, weckte unser kuratorisches Interesse – vor allem vor dem Hintergrund der kontroversen Debatte um Nuklearenergie als mögliche Lösung für die Klimakrise. Es erschien uns sehr zeitgemäß und lohnenswert, dieser Fragestellung nachzugehen, und die praktische Herausforderung, das Ganze klimaneutral zu organisieren, fügte sich nahtlos in unseren thematischen Fokus auf die Zukunft der Energieversorung ein. Als Teil unserer Recherchen zur Umsetzung der Klimaneutralität sind wir der Frage nach möglichen Energiezukünften und nach den Herausforderungen der nachhaltigen Transformation in einer Research Assembly mit Gesprächen mit Expert_innen aus sozialen und künstlerischen Bereichen nachgegangen.
Zum Beispiel haben wir einen Runden Tisch organisiert, bei dem ein Klima-Aktivist und Anti-Atom-Aktivistinnen aus Deutschland und Ungarn über die Kontinutiäten von Umweltbewegungen diskutiert haben. Beim Kuratieren des Begleitprogramms der Ausstellung haben wir bei der Auswahl der Gästinnen darauf geachtet, dass diese aus der Nähe kamen. Dieses Kriterium hat sich für uns eher als eine nützliche und natürliche Richtlinie denn als Einschränkung herausgestellt.
Unsere kuratorische Strategie, neue künstlerische Arbeiten in ländlichen Gegenden in Deutschland und Ungarn aufzuspüren und zu entwickeln, stellte jedoch eine offensichtliche Herausforderung für unser Ziel der Klimaneutralität dar. Die Recherche vor Ort sowie partizipative Organisationsprozesse machten wiederkehrende Besuche jeden Ortes notwendig. Wir haben uns bemüht, möglichst klimaneutrale Reisemöglichkeiten zu wählen und haben unsere Künstler_innen dazu ermutigt, bei ihrer Arbeit ebenfalls darauf zu achten. Gleichzeitig war es für uns sehr wichtig, Künstler_innen die Möglichkeit zu geben, mehr in diesen Bereichen dazuzulernen. In dieser Hinsicht hat das Gebot der Klimaneutralität unsere kuratorische Strategie nicht verändert, sondern lediglich beeinflusst, wie wir diese umgesetzt haben.
Wenn man die Räume der nGbK betritt, sehen die Galeriewände vielleicht gewöhnlich aus, doch sie bestehen aus verdichteten Stroh-Paneelen anstatt aus herkömmlichem Gipskarton. Diese Paneele, die mithilfe der Förderung durch den Fonds Zero angeschafft wurden, werden die Ausstellung SALZ. TON. GRANIT. lange überdauern. Sie bestehen aus landwirtschaftlichen Abfällen und ersetzen nicht erneuerbare Materialien in der Produktionskette. So tragen sie dazu bei, den CO2-Fußabdruck des Gebäudes zu reduzieren. Trotzdem sehen diese Wände nicht „grün“ oder „öko“ aus – sie sehen aus wie Galeriewände.
Während uns das Gebot zur Klimaneutralität vorgab, wie wir die Umsetzung zu planen und die Recherchen durchzuführen hatten, ging es in der Ausstellung selbst darum, die Ergebnisse unseres zweijährigen Projekts auf bestmögliche Art und Weise darzustellen. Das Gebot der Klimaneutralität hat uns dazu inspiriert, klimaneutrale oder wiederverwendbare Materialien zu benutzen und viele der Lösungen umzusetzen, die uns unser Klimaschutzbeauftragter vorgeschlagen hat. Dennoch war es für uns genauso wichtig, unsere Künstler_innen darin zu unterstützen, ihre Werke so zu präsentieren, dass sie den gewünschten ästhetischen Eindruck erreichen würden. Wir haben es absichtlich vermieden, ein Ausstellungs-Konzept zu entwerfen, das „roh“ und „unfertig“ aussehen würde – ein Stil, der manchmal mit ökologischem Design assoziiert wird. Stattdessen sollte das Fokus-Thema und daher auch das Design unseres Projekts eher an die hochtechnologischen Räume und Anlagen denken lassen, die wir erforscht haben.
Deswegen sind wir eher auf den industriellen Charakter der Ausstellungsräume eingegangen: Wir haben eher subtile Aufbauten verwendet und nachhaltige, wiederverwendbare Materialien benutzt. So haben wir einen Kompromiss zwischen ästhetischen und ökologischen Fragestellungen gefunden: indem wir beispielsweise ökologische Produkte wie die Wände aus Stroh-Paneelen (die einen biogenen CO2-Fußabdruck von –40 kg/m2 haben, also pro Quadratmeter 40 kg CO2 aus der Atmosphäre entziehen) mit den nicht-umweltfreundlichen, verzinkten Stahl-Streben und -Stützen der Räume kombiniert haben. Obwohl die Stahl-Wände nicht CO2-neutral sind, können sie langfristig wiederverwendet werden – im Gegensatz zu Holz. Insofern war unser Ausstellungs-Design insgesamt klimaneutral.