Exhibition research display object 6: Wendland Flag
12.12.24
Die Anti-Atomkraftbewegung in Gorleben sowie die Formen des Protestes und Widerstandes, die hier erprobt wurden, prägen folgende Protestbewegungen, zunächst in Westdeutschland und später in der gesamten Bundesrepublik und beeinflussen das linke Selbstverständnis bis heute. 1977 wurde Gorleben überraschend als Standort für ein atomares Endlager und eine Wiederaufbereitungsanlage ausgewählt, woraufhin sich eine Protestbewegung - bestehend aus Aktivistinnen, Landwirtinnen und politisch Engagierten - formierte. Zu den Protestformen gehörten u.a. Sitzstreiks oder das Erklimmen von Bäumen, die für die Bohrstelle gerodet werden sollen. Bis heute ist der Gorleben-Treck nach Hannover eine der größten Anti-Atom-Demonstrationen der Nachkriegsgeschichte. 1980 verteilen Landwitze stinkende Jauche auf der Tiefbohrstelle 1004 - hier befand sich ein Salzstock, der für die Lagerung von Atommüll favorisiert wurde.

Am 3. Mai 1980 okkupieren etwa 5.000 Atomkraftgegnerinnen das Waldstück rund um die Tiefbohrstelle 1004, und rufen die "Republik Freies Wendland" aus. Innerhlab kürzester Zeit errichten die Aktivistinnen ein Dorf mit mehreren Gebäuden, Versorgungsanlagen und landwirtschaftlichen Nutzflächen. Es soll sogar einen mit Windenergie betrieben Tiefbrunnen, Gewächshäuser, eine Kirche, eine Badehütten sowie eine Krankenstation und auch eine mit Solarkraft geheizte Warmwasserdusche gegeben haben. am 18. Mai begann der Radiosender „Radio Freies Wendland“ sein Programm auszustrahlen. Auf dem Dorfplatz fanden Diskussionsrunden, Theatervorstellungen und Konzerte statt. Insgesamt entstanden über 100 Hütten. Etwa 300 Aktivisten lebten ständig auf dem Gelände, zweitweise sollen es sogar bis zu 1.000 Bewohner_innen gewesen sein. Das Symbol der Republik Freies Wendland war eine orangene Sonne auf grünem Grund.
Die basisdemokratisch organisierte Utopie hatte 33 Tage Bestand. Am 4. Juni 1980 wird die Republik Freies Wendland innerhalb eines Tages teilweise unter der Anwendung von Gewalt geräumt, das Protestcamp wird bis zum Abend dem Erdboden gleichgemacht. Etwa 7.000 Polizei- und Bundesgrenzschutzbeamte sind an der Räumung beteiligt, damit handelt es sich um den bis dato größten Polizeieinsatz der Nachkriegsgeschichte.